Wirtschaftliche Lösungen

Wirtschaftliche Lösungen

Langzeitprojekt Referenz-Controlling-Gebäude


Von der Scheindiskussion um Energetische Standards zu wirtschaftlichen Lösungen einer Gebäude-Energiewende

 

Langzeitprojekt Recongeb: Wettbewerb um effiziente Mittelverwendung zur Reduktion von Heizkosten zeigt erste Ergebnisse und identifiziert robuste Maßnahmen.

Die Diskussion um „eine Verschärfung der EnEV“, Passivhäuser, reduzierte Dämmung, Mieterstrom, Eisspeicher, all-electric oder Quartierslösungen wird i.d.R. auf Basis unzureichender Studien und fehlender Daten geführt. Vermengt werden dabei Mehraufwendungen für tatsächlich energetisch wirksame Maßnahmen, mit solchen, die „interessenbehaftet“ Einzug in das Bauwesen gefunden haben. Die systematische Auswertung und Schaffung einer Datengrundlage wird von den zuständigen Organisationen, Verbänden und politischen Einrichtung nicht durchgeführt. Dies geschieht häufig aus Angst vor der Offenlegung von Fehlern. Eine Auseinandersetzung über die Kosten des energetischen Bauens und Sanierens auf Faktenbasis findet kaum statt.

Hier bietet das auf 15 Jahre angelegte Projekt Referenz-Controlling-Gebäude (ReConGeb) eine Alternative, da es einen Wettstreit um wirksamste Investitionen in Maßnahmen zum Erreichen energetische Ziele darstellt und eine Fehlerkultur fördert. Die ersten Teilnehmer Erbbauverein Köln eG, Gem. Bauverein eG zu Ahlen, GEWOG Porz eG, GGH Heidelberg mbH, GWG 1897 Köln rrh eG, GWG Schwerte eG, hwg Hattingen eG, Rheinwohnungsbau GmbH, Wohnungsverein Hagen eG und private Bauherren haben mittlerweile 35 Gebäude in das Projekt eingebracht. Monatliche Reports dienen dem Training robuster und wirtschaftlicher Lösungen, welche nur auf Basis ausgewerteter und sorgfältig dokumentierter beispielhafter Projekte identifiziert werden können. Dieser Beitrag stellt erste Ergebnisse vor.


Im Rahmen des Programms „50 Solarsiedlungen NRW“ wurde der sog. „Grüne Block“ aus den 1920er Jahren saniert und mit modernen Dachgeschosswohnungen ausgestattet. Das Energiekonzept der Kölner „Solarsiedlung Riehl“ verbindet hohe Dämmstandards, effiziente Verteilung und Nutzung von Gas- und Solarthermie mit der zugehörigen Qualitätssicherung. Die Gebäude mit jährlichen CO2-Emissionen von ca. 12 kg CO2/(m2a) für Heizung und Warmwasser sind Schrittmacher für die Energiewende im Gebäudebereich

ZIEL: HALBE HEIZKOSTEN UND EMISSIONEN BEI GLEICHEM INVEST

Im Projekt werden Lösungen für Neubau und Sanierung gesucht, die eine optimale Balance zum Erreichen von Investitions-, Kosten- und Klimaschutzzielen darstellen. Es werden robuste Standards identifiziert, die auch angesichts zunehmenden Fachkräftefehlens mit überschaubaren Folgeaufwendungen durchgeführt werden können. Hierzu notwendige Daten werden abgefragt, unabhängig aufbereitet und bereitgestellt. Für diese Gebäude werden anhand von Messwerten und Abrechnungen Benchmarks erstellt. Monetäre Aufwendungen für energetische Maßnahmen und Instandsetzung werden in Relation zu wärmegebundene Nebenkosten gestellt.

Zentral ist die Messung desEndenergieverbrauchs für alle eingesetzten Energieträger. Als Effizienzparamenter werden Nutzungsgrade, Arbeitszahlen und Solarerträge ermittelt. Die Klimaschutzziele zur Einhaltung der max. Erderwärmung von 2°C sind dem Leitprojekt 100 Klimaschutzsiedlungen NRW entnommen. Konkretes Ziel sind wärmegebundene Nebenkosten in Höhe von 6 EUR/m²a. Die Klimaschutz-Zielwerte betragen 9 (Neubau) bzw. 12 kgCO2/m²a (Sanierung). Übliche hocheffiziente Gebäude auch im Passivhaus- und KfW 40 Standard verfehlen dieser Werte aufgrund falscher bzw. fehlender Zielsetzung und Kontrollen derzeit um durchschnittlich ca. 50 %.

MULTIPLIKATION VON PRAXISERFAHRUNG

Das Langzeitprojekt ReConGeb unterstützt innovative Wohnungsunternehmen. Grundlage ist eine mit den Teilnehmern und dem wissenschaftlichem Beirat, Herrn Prof. Dr. Madjid Madjidi abgestimmte Methodik zur Erfassung der Wirtschaftlichkeit, praxisbewährte Effizienzparameter mit zugehörigen Monitoring-Routinen und Zielwertvorgaben aus den Solar- und Klimaschutzsiedlungen NRW. Effizienzparameter, Kostenkennwerte und Jahresbilanzen werden monatlich, periodisch beziehungsweise jährlich ausgetauscht.

Die Ermöglichung des Projektes erfolgt durch Teilnahmebeiträge (je Gebäude bzw. Siedlung einmalig EUR 2.000,-, jährlich EUR 200,- inklusive Monitoring), eine Startfinanzierung des Landes NRW, die Ludwig-Bölkow Stiftung und die Stiftung Energieeffizienz als Projektträger. Die Projektleitung erfolgt gemeinnützig, unabhängig und ehrenamtlich.

ERSTE ERGEBNISSE: PRAKTISCHE HINWEISE ZUM WIRTSCHAFTLICHEN MITTELEINSATZ

Die Ergebnisse im Projekt werden auf Wunsch der Teilnehmer im Klartext untereinander ausgetauscht. Die hier vorgestellten Rankings wurden aus Datenschutzgründen anonymisiert. Den Teilnehmern gingen im ersten Projektjahr 2017 Rankings über die vorläufigen wärmegebundenen Nebenkosten, Solarerträge und Arbeitszahlen von Wärmepumpen zu.

Der Abgleich der Kosten erfolgt anhand der Jahresabrechnungen 2017, die Abfrage von Daten passt sich an die internen Abläufe der teilnehmenden Wohnungsunternehmen an. Für 2019 werden die ersten belastbaren Gesamtkostenauswertungen erwartet. Im Folgenden werden aus 2017 erste aussagekräftige Ranking für umlagefähige wärmegebundene Nebenkosten vorab (nicht klimabereinigt) und solare Erträge erläutert.

UMLAGEFÄHIGE WÄRMEGEBUNDENE NEBENKOSTEN VORAB (NICHT KLIMABEREINIGT) FÜR 2017

Mit Kosten-Benchmarks werden den Teilnehmern zeitnahe Informationen zur Gebäudebewirtschaftung zur Verfügung gestellt. Hier dargestellt sind, noch im Vorabzug ohne Abgleich mit den Jahresrechnungen 2017, die vorab ermittelten umlagefähigen wärmegebundenen Nebenkosten. Das Ranking ermöglicht über die Heizkostenabrechnung hinaus die Bewertung der gesamten Heizkosten: Enthalten sind verbrauchs- und betriebsgebundenen Kosten, Gutschriften, Aufwendungen für Heizkostenabrechnung und Hilfsenergie auch in den Wohnungen z.B. für Lüftungsanlagen (teilweise plausible Schätzwerte). Die Daten werden quartalsmäßig anhand der Endenergiezählerwerte, Preisfaktoren und Vorjahreswerten ermittelt. Belastbare Gesamtkostenauswertungen mit Gegenüberstellung der zugehörigen finanziellen Aufwendungen werden ab 2019 erwartet.

Die Bewertung der spezifischen Erträge von Solarwärmeanlagen erfolgt anhand der gemessen spezifischen Energiemengen [kWh/m²KollektorflächeAp] mit einer Einstufung in bestimmungsgemäß betriebene Anlagen (grün), Anlagen mit geringen (gelb) und hohen Abweichun-gen (rot) vom Regelbetrieb. In monatlichen Rankings werden insbesondere bei „roten“ Anlagen Informationen zur Betriebsverbesserung erteilt (Info-Boxen hier eingeklappt).

Mieterstromprojekte, wie hier bei der HWG eG in Hattingen, können die Nützlichkeit von Neubau- und Sanierungsmaßnahmen erhöhen. Ziel des ReConGeb-Projekts sind zuverlässige Erkenntnisse nach Gebäude- und Technologietypen

Das Ranking der Jahreserträge 2017 zeigte eine erhebliche Abweichung zwischen bestimmungsgemäß betriebenen Anlagen und solchen mit hohen Abweichungen. In 15% der Anlagen wurden 2017 Maßnahmen zur Nachbesserung eingeleitet. Multiplikation robuster Maßnahmen
Die überwiegende Anzahl der bestimmungsgemäß betriebenen Solarwärmeanlagen befinden sich in der Solarsiedlung Riehl der Erbbauverein Köln eG.

Für die hier installieren 14 Solarwärmeanlagen wurden zur Sicherstellung der Erträge Garantieverträge geschlossen. Die Kollektorfelder decken bereits seit 15 Jahren ca. 15% Prozent des jährlichen Verbrauchs an Heizwärme und Warmwasser. Auch im Nebenkosten-Ranking schneidet die gering technisierte Solarsiedlung Riehl mit natürlicher Belüftung und kurzen Leitungswegen gut ab. Hierfür maßgebliche Gas-Verbrauchswerte von ca. 50 kWh/m²a werden ansonsten nur von hoch technisierten Lösungen im PH-Standard erreicht. Interessant ist die Auswertung von Lüftungs- und Verteilverlusten, die mit dem wissenschaftlichem Projektbeirat erfolgt.

Aus Fehlern lernen

Zwei Solaranlagen mit erheblichen Abweichungen befinden sich in ansonsten vorbildlichen Passivhäusern. Hier stellte sich im Zuge der Abnahme heraus, dass die installierte Wärmeversorgung physikalisch nicht funktionieren konnte. Ursache ist eine nicht abgestimmte Systemschaltung, die verhindert, dass Solarwärme aus Solar-Pufferspeichern in Bereitschaftsspeicher gelangt. Die Schaltung wurde laut Angabe des Herstellers bereits „1.000-mal im Markt verbaut“. Erst durch die zeitnahe Kontrolle im Projekt ReConGeb fiel die Fehlfunktion auf. Dies konnte vor der Abnahme festgestellt werden, so dass Nachbesserungen eingefordert werden können. Lösungen im Projekt sollen auch anderen Wohnungsunternehmen nutzen, indem Hersteller Änderungen in ihre Produktflotte übernehmen.

ROUTINEN FÜR NACHHALTIGEN EINKAUF UND HEIZKOSTEN-CONTROLLING

Die ersten Ergebnisse zu Heizkosten und Solarerträgen zeigen die Hindernisse insbesondere im Einkauf energetisch wirksamer Systeme. Hier fehlen Standards zur Fixierung von Zielwerten und Kontrollen. Hierzu der wohnungswirtschaftliche ReConGeb Beirat, Herr Dipl.-Ing. Uwe Neuhaus: „Kontrollgremien, wie z.B. der Aufsichtsrat verlangen bei Neubau- und Sanierungsprojekten einen Nachweis der Wirtschaftlichkeit. Genauso müsste ein additiver Nachweis zur effizienten Mittelverwendung in energetische Maßnahmen abgefragt werden, um Fehlinvestitionen zu vermeiden. Hier sind Investitionen, Nutzen und Maßnahmen zur Absicherung des Erfolges darzulegen“.

Der Nutzen von Maßnahmen ist dabei fern der EnEV und KfW-Förderung anhand belastbarer Endenergie- und Heizkostenermittlungen, fixierter Effizienzparameter und Umweltziele anzugeben. Zugehörig sind z.B. Garantievereinbarungen und Erfolgskontrollen.

Informationen zum Projekt finden sich unter recongeb.org.

Stiftung Energieeffizienz
Kontakt
Zollstockgürtel 5
D-50969 Köln
T: 0221 546 57-05
F: 0221 54 28 27

www.stiftung-energieeffizienz.org
info@stiftung-energieeffizienz.org

Spenden
Sparkasse Gütersloh
Spendenkonto 505
BLZ 478 500 65

Zweck der Stiftung ist die Förderung des Umweltschutzes, der Bildung und des Verbraucherschutzes durch Qualitätssicherung und -steigerung der Energieeffizienz insbesondere von Gebäuden und Anlagen, wobei eine zeitnahe Vollversorgung durch erneuerbare Energien angestrebt wird. Dabei ist sicherzustellen, dass alle Informationen und Daten unabhängig und frei von kommerzieller Einflussnahme verwendet werden.

Durch die Bezirksregierung Detmold anerkannt als gemeinnützige Stiftung des bürgerlichen Rechts.
Steuernummer 351/5912/1004.

Kuratorium: Dipl.-Psych. Olaf Hofmann, Dipl.-Kfm. Gert Wieland

Link zur Online-Datenbank der Stiftung Energieeffizienz:
www.energy-check.de

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